Mit Dale Wassermans Musical der mann von la mancha schließt sich der Kreis unserer diesjährigen Trilogie zu don quijote. Als Kostümbildnerin für das Schauspiel wie auch für das Musical ist Patrizia Bitterich verantwortlich. Dramaturgin Julia Hoppe hat mit ihr über die unterschiedlichen Arbeitsweisen zu dem quijote-Stoff gesprochen:
↗ Du bist am tfn derzeit als Ausstattungsassistentin engagiert. Das hat den Vorteil, dass du mit allen Sparten vertraut bist. Macht es für dich einen Unterschied in der Arbeitsweise, ob du Schauspiel, Musical oder Oper einkleidest? Worauf musst du dabei achten?
Ja, es macht durchaus einen Unterschied, da jede Sparte ihre eigenen spezifischen Anforderungen und Herausforderungen mit sich bringt. Beim Schauspiel liegt der Fokus oft stark auf der Rolle und der Entwicklung der Figur. Die Kostüme müssen die Persönlichkeit wie auch den Charakter der Figur unterstreichen. Meist entwickeln sich die Figuren hier noch intensiv während der Probenphase weiter, was eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei der Gestaltung der Kostüme erfordert. Im Musical muss der Fokus sehr stark auf die Bewegungsfreiheit der Darsteller_innen gelegt werden. Die Kostüme müssen nicht nur optisch überzeugen, sondern zusätzlich den oft dynamischen und körperbetonten Choreografien standhalten. Und bei der Oper ist oft eine große Masse von Menschen auf der Bühne – von Solist_innen über den Chor bis hin zu eventuell Kinder- oder Extrachor. Bei dieser Vielzahl an Darstellenden und Kostümen ist eine sorgfältige Planung und Organisation nötig, damit am Ende jedes Kostüm in das Gesamtbild passt. Diese Vielfalt und unterschiedlichen Anforderungen machen meine Arbeit spannend und herausfordernd – keine Produktion gleicht der anderen, selbst in der gleichen Sparte gibt es jedes Mal neue Herausforderungen.
↗ Für unsere diesjährige Trilogie don quijote hast du die Kostüme für die Schauspielproduktion und die Musicalversion der mann von la mancha entwickelt. Worin unterscheiden sich die beiden Inszenierungen?
Im Schauspiel gibt es viele komödiantische Ansätze, aber die Inszenierung beschäftigt sich vor allem damit, wie Don Quijote die Welt wahrnimmt. Kostümtechnisch habe ich mich bewusst nicht an eine konkrete Zeitepoche gebunden. Stattdessen lag mein Fokus auf Formen und Silhouetten, welche die Charaktere unterstreichen, und dies kombiniert mit einer sehr reduzierten, monochromen Farbpalette. Beim Musical hingegen spielt die Handlung in einem Kerker. Cervantes erzählt hier seine Geschichte den anderen Insass_innen. Die Kostüme sind historisch angelegt, jedoch farbiger als im Schauspiel – ohne dabei zu bunt oder lebhaft zu wirken, um die gedrückte Stimmung des Kerkers zu erhalten. Die Kostüme, welche die Geschichte von la mancha erzählen, bestehen aus Versatzstücken, die man in dem Kerker vorfi nden könnte, was der Inszenierung eine besondere Authentizität und Spannung verleiht. So spiegeln die Kostüme nicht nur die jeweiligen Stimmungen und Welten der beiden Produktionen wider, sondern unterstützen die Erzählweise auch ganz individuell.
↗ Wovon hast du dich für das Musical inspirieren lassen?
Bei der Gestaltung der Kostüme für das Musical habe ich mich vor allem von der Mode des 16. und 17. Jahrhunderts inspirieren lassen, insbesondere was die Schnitte angeht. Diese Epoche bietet eine spannende Grundlage, die sich gut in unsere Inszenierung einfügt. Vom Look her habe ich einen düsteren, mystischen Ansatz gewählt, der von keltischen, archaischen und naturverbundenen Einflüssen inspiriert wurde. Diese Elemente schaffen eine geheimnisvolle, fast magische Atmosphäre, die perfekt zu den Themen und Stimmungen der Inszenierung passt.
↗ Ab der kommenden Spielzeit wirst du dem Theater als künstlerische Produktionsleitung tatkräftig zur Seite stehen. Dazu erst einmal herzlichen Glückwunsch! Freust du dich auf die neue Aufgabe?
Vielen Dank. Ja, ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe und die damit verbundenen Herausforderungen. Es ist eine spannende Gelegenheit, meine bisherigen Erfahrungen, auch aus anderen Theatern, mit einzubringen und somit das tfn aus einer weiteren Perspektive zu unterstützen.
↗ Wie unterscheidet sich die neue Aufgabe von der bisherigen als Ausstattungsassistentin?
Die neue Aufgabe unterscheidet sich deutlich von meiner bisherigen Tätigkeit. Während ich zuvor eng das Regie-Team, vor allem die Ausstattenden, während der Proben begleitet habe – Schritt für Schritt und bei jedem Detail –, liegt der Fokus nun auf dem »großen Ganzen«. Ich werde nicht mehr nur für die mir zugeteilten Produktionen verantwortlich sein, sondern auch als Ansprechpartnerin in allen künstlerischen Fragen für alle Regie- und Ausstattungsteams fungieren und sicherstellen, dass alle kreativen Prozesse harmonisch zusammenlaufen.
Foto: Tim Müller